Die Gemeinschaft durch Kunst stärken
Auf der anderen Seite glauben wir, dass die Zusammenarbeit organisch von den Mitarbeitenden selbst organisiert sein sollte und keine Anweisungen von einer leitenden Person braucht. Jede*r hat das Recht, sich zu äußern, wenn etwas korrigiert werden muss. Individualismus wird zugunsten einer Zusammenarbeit abgelehnt, die alle zur Teilhabe ermuntert. Wir lehnen Fehler nicht ab, denn als Menschen müssen wir für alle Situationen offen sein und sie akzeptieren. Wir können uns nicht auf die Entscheidungen nur einer Person verlassen, denn einem Kollektiv muss eine gemeinsame Übereinkunft zugrunde liegen. Wenn eine individuelle Entscheidung nötig ist, sollte sie unserer Erfahrung nach dem ganzen Projekt und nicht dem Einzelnen nutzen. Diskussionen können eine Idee verbessern, und dies ist ein Prozess, der zwischen den Mitarbeitenden ständig abläuft. Dieser stete Dialog stärkt das Vertrauen.
Gitarre spielen und Lieder in einer der lokalen Sprachen zu singen, die die Menschen beherrschen, ist für uns die wirksamste Form der Geselligkeit in der Community. Das ermöglicht es uns, Menschen zu finden, die energiegeladen und gern unter Menschen sind und die zu treffen Spaß macht. Als Besucher*innen einer Gemeinschaft liegt es an uns, unsere Egos beiseite zu schieben und Kontakte zu knüpfen. Daraus resultiert die Erkenntnis, dass Zusammenarbeit die Mitarbeitenden nicht zu einer homogenen, statischen Einheit assimilieren, degradieren oder verwandeln, sondern vielmehr ihre verborgenen Fähigkeiten zum Vorschein bringen sollte. Aus solchen sozialen Interaktionen auf verschiedenen Ebenen können schließlich erfolgreich familiäre Beziehungen und Freundschaften geknüpft werden, die das Beziehungssystem zum Beispiel zwischen Arbeitnehmer*innen und Arbeitgeber*innen aufbrechen.
Die Beziehung zwischen uns und anderen Mitarbeiter*innen ist nicht auf ein einzelnes Projekt beschränkt, bei dem diese Methode angewendet wird. Sie hilft jedoch, ein Netzwerk an anderen Orten zu etablieren und schafft Gelegenheiten für zukünftige Projekte. Wir sind in der Lage, den Konsens zwischen neuen Kontakten zu stärken, und manchmal bringen wir alte Freund*innen für ein Projekt zusammen. In Kota Kinabulo zum Beispiel arbeiteten wir mit mehreren lokalen Künstler*innen zusammen, um einen öffentlichen Raum zu schaffen. Es gibt einen Schallplattenladen, der von einem Freund aus der Musikszene geführt wird, und ein Café, das das Kollektiv Borneo Komrad betreibt. Es gibt außerdem Buchläden sowie Geschäfte für Handwerkskunst und Kleidung. Wir haben uns von Gudskul Indonesia anregen lassen, das erfolgreich ein Ökosystem für verschiedene Kollektive gestaltet hat, die unter einem größeren Dach zusammenkommen. Unser Kollektivsystem passt sich an neue Mitarbeiter*innen an und fügt Elemente wie transparente Diskussionen hinzu.
Wir glauben, dass das wahre Ziel der Zusammenarbeit erreicht wird, weil jede*r von uns ein*e Künstler*in mit einer anderen, einzigartigen Kreativität ist. Künftige Kooperationen werden Ergebnisse schaffen, die nicht auf objektbasierten Absolutheiten beruhen, sondern eine Reaktion auf die zeitgenössische Kunst sind, die den Kunstmarkt und die Institutionen aufbläht. Zusammenarbeit, die auf kontinuierlichem Engagement und einer Mischung von Individuen beruht, die offen dafür sind, sich im Interesse des gegenseitigen Fortschritts zu entwickeln, wird Demokratie schaffen und fördern, indem sie Kunst in eine Gesellschaft bringt, die an dem Umgang mit Kunst nicht gewöhnt ist.
Manche Menschen glauben tatsächlich, dass Kunst nur den Talentierten gehören solle, zum Beispiel denen, die gut zeichnen können. Nein. Wir betrachten Ästhetik als zweitrangig. Der Großteil unserer Plakate oder Kunstwerke zum Beispiel verwendet populäre lokale Begriffe. Wir glauben nämlich, dass wir durch die Benutzung von Umgangssprachen oder Sprachen, die von den Einheimischen verwendet werden, eine Teilhabe der Community erreichen können. Wir sind immer an jeder lokalen Veranstaltung beteiligt und arbeiten bei unserer kollektiven Praxis mit Gemeinschaftsorganisationen unterschiedlicher Disziplinen zusammen. Dadurch erreichen wir eine breitere Öffentlichkeit, die gerade keine Beziehung zu den Künsten hat.
Wir drücken uns selbst durch die Kunst des Holztafel- oder Blockdrucks aus. Das bieten wir auch der Gemeinschaft an. Wir lehnen jede Aktion ab, die Gesellschaft oder Umwelt schaden könnte. Der Grund dafür ist, dass die meisten der heutigen lokalen Kooperationssysteme von Menschen beeinflusst werden, die ein starkes individuelles Interesse zeigen, wenn kapitalistische Aspekte des Systems zum Vorschein können. Dieses System hat eine direkte Wirkung auf die indigene Bevölkerung um uns herum und verunreinigt das bestehende traditionelle System. Herkömmliche Wirtschaftsaktivitäten geraten zum Beispiel immer mehr in Vergessenheit, weil sie mit dem modernen Leben nicht vereinbar sind. Wir ermutigen die Gemeinschaft um uns herum, mit geringem Aufwand die einfachen Lebenspraktiken beizubehalten, mit denen sich aufkommende Probleme neu strukturieren lassen, und um das Überleben dieser Praktiken zu kämpfen. Eine umfassende Beteiligung der Gemeinschaft ermöglicht die Bildung einer stärkeren Abwehr gegen die aktuellen nachteiligen und unterdrückenden Entwicklungen.
Das passt zu unserem Motto „Jangan Beli, Bikin Sendiri“ (Kauf es nicht, mach es selbst). Die Tradition kreativer und alternativer Lösungen, die nicht auf externen Elementen beruhen – zum Beispiel Gemeinschaftsarbeit zwischen ländlichen Gemeinden beim Häuserbau, die nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen einer Gemeinschaft, ohne das Ökosystem vollständig zu zerstören – ist zu einer der Traditionen geworden, die von Generation zu Generation weitergegeben werden. Kapitalistische Elemente wie die Holzfällerei haben Folgen für das lokale Ökosystem und belasten es. Nach unseren Beobachtungen zeigen alle Kooperationen, an denen wir beteiligt sind, bereits diese Charakteristika. Solche Dinge lehren uns tatsächlich viel über die Erhaltung der Traditionen, der Kultur und Geschichte eines Orts durch einen künstlerischen Ansatz.
Wir stellen mit der Gemeinschaft nicht nur Blockdrucke her, sondern sind während unseres Engagements auch an den dörflichen Aktivitäten beteiligt. Außerdem dokumentieren wir die Geschichte und die mündlichen Überlieferungen wie bei dem Handwerkerhausprojekt in Kampung Keiyep, Ranau. Wir hatten auch die Gelegenheit, von den Dorfbewohner*innen Landwirtschaft, Jagd und sogar Heilkunst zu lernen. Wir glauben an den Prozess des „Lehrens und Lernens“, weil wir glauben, dass jede*r ein*e Lehrer*in ist. Jede*r von uns hat einzigartige Fähigkeiten. Die wenigen Vorteile, die wir haben, sind kein Anlass zu Arroganz, denn die Dorfbewohner*innen verfügen über ein umfangreiches Wissen. Wegen dieser Symbiose können wir viel darüber lernen, wie sie mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln Probleme lösen. Da wir uns dessen bewusst sind, verstehen wir uns nicht als Künstler*innen, die Kunst in die Öffentlichkeit bringen. Vielmehr ist die Kunst nur ein Mittel oder ein Kommunikationsraum, um mit der Gemeinschaft in Kontakt zu treten.
Wir wollen Arbeiten schaffen, von denen jede eine soziale Wirkung hat. Wir glauben, dass Kunst ein wirkungsvolles Mittel der Kommunikation in sich entwickelnden Gesellschaften sein kann. Für uns ist Kunst ein effektives Medium, um das Kollektiv und die Gemeinschaft miteinander zu verbinden. Deshalb produzieren wir viele grafische Arbeiten in Form von Botschaften und Kritiken, die ein breites Themenspektrum einschließlich Menschenrechtsfragen, Politik, Tradition, Kultur und Umweltthemen abdecken. Für uns ist es ebenfalls entscheidend, Netzwerke durch verschiedene gesellschaftliche Schichten hindurch zu knüpfen, um jedes in unserer Gesellschaft aufkommende Thema oder Problem zu verstehen.