Das Bauhaus war eine Hochschule, die in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg auf radikale Weise Kunst, Handwerk und Technik neu miteinander verband. Sie setzte sich nichts Geringeres zum Ziel, als durch moderne Gestaltung die Lebensverhältnisse der Menschen zu verbessern. 1919 von dem Architekten Walter Gropius in Weimar gegründet, zog das Bauhaus 1925 nach Dessau. Mit dem Hochschulgebäude in Dessau schufen Walter Gropius und die beteiligten Studierenden und Lehrenden zwischen 1925 und 1926 eines der einflussreichsten Gebäude des 20. Jahrhunderts: eine Ikone der modernen Architektur.
Die Dessauer Zeit kann als die produktivste Phase in der kurzen Geschichte des Bauhauses angesehen werden, in der viele ikonische Entwürfe und Gebäude von den Bauhäuslern geschaffen wurden. Sowohl im Lehrprogramm als auch in den Gebäuden und den Lebenswegen der Lehrenden und Studierenden nahm das Bauhaus wesentliche Einflüsse aus internationalen Kontexten auf. So verortete der Gründer Walter Gropius die Schule in bestimmten Traditionslinien und nahm Anregungen der Engländer John Ruskin und William Morris bei der Entwicklung des Lehrprogramms auf. Besonders die von Morris gegründete Arts-and-Crafts-Bewegung mit ihrer Verbindung von Kunst und Handwerk spielte eine bedeutende Rolle in den ersten Jahren des Bauhauses. Obwohl das Bauhaus nur 14 Jahre existierte, wurde es doch von insgesamt fast 1300 Schüler*innen besucht. Unter ihnen waren viele ausländische Studierende. Aber auch die Lehrenden stammten aus den verschiedensten Ländern und brachten viele bereichernde Einflüsse mit ans Bauhaus. Um nur einige zu nennen: die Maler Lyonel Feininger aus New York und Wassily Kandinsky aus Russland, der zweite Bauhausdirektor und Architekt Hannes Meyer aus der Schweiz, der bildende Künstler László Moholy-Nagy aus Ungarn und seine Frau, die Fotografin Lucia Moholy aus Prag, oder der Architekt Mart Stam aus den Niederlanden. Heute ist das zum Weltkulturerbe zählende Bauhausgebäude in Dessau ein Ort, an dem wie schon 1926 bis 1932 wieder verschiedenste Akteur*innen, Interessen und Einflüsse aus aller Welt zusammenfinden.
Das Hochschulgebäude war zusammen mit den nahegelegenen Meisterhäusern der Campus, auf dem die Bauhäusler*innen das Leben, Lernen und Arbeiten gemeinsam revolutionierten. Es ist der gebaute Ausdruck des Lehrprogramms und einer modernen Lebenshaltung. Hier deutet sich an, was das Bauhaus auch war: als Schule ein wichtiger Knotenpunkt im internationalen Netzwerk der Moderne. Neben den Studierenden und Lehrenden kamen auch viele Gäste aus aller Welt. Mit der Emigration der Bauhäusler*innen nach 1933 wurden die Ideen der Schule in viele Weltgegenden getragen und trafen dort auf andere Kontexte und Auffassungen von Architektur, Design und Kunst. Viele der heute noch bekanntesten Bauhauslehrenden ließen sich schließlich in den USA nieder. László Moholy-Nagy emigrierte über die Niederlande und Großbritannien 1937 in die USA, wo er das New Bauhaus in Chicago gründete, das noch heute als Institute of Design am Illinois Institute of Technology (IIT) weiterbesteht. Auch Ludwig Mies van der Rohe (ab 1937), Ludwig Hilberseimer und Walter Peterhans (beide ab 1938) lehrten in Chicago, zunächst am Armour Institute of Technology, das 1940 zum IIT wurde. Walter Gropius und Marcel Breuer wurden Professoren an der Harvard Graduate School of Design. Anni und Josef Albers lehrten ab 1933 am Black Mountain College in North Carolina. Sie alle übten durch ihre Lehre und ihre in den USA geschaffenen Werke wesentlichen Einfluss auf eine junge Generation von Architekt*innen, Designer*innen und Künstler*innen aus. Doch die USA waren zwar der bekannteste, aber bei Weitem nicht der einzige Zufluchtsort von Bauhäusler*innen. So ist der Einfluss des Bauhauses bis heute in vielen Ländern der Erde in unterschiedlichster Form auffindbar – als Vermächtnis der Prinzipien und Ideen, die vor mehr als 100 Jahren entwickelt wurden.