Die Hochschule für Gestaltung (HfG) Ulm bestand zwischen 1953 und 1968. Es ist ihrem Mitbegründer Max Bill zu verdanken, dass die ursprüngliche Idee von Otl Aicher und Inge Scholl, eine Geschwister-Scholl-Hochschule in Erinnerung an die vom NS-Regime ermordeten Mitglieder der Widerstandsgruppe Weiße Rose zu gründen, zugunsten einer zunächst am Dessauer Bauhaus orientierten Hochschule für Gestaltung geändert wurde. Von dort übernahm man den Vorkurs, in Ulm Grundlehre genannt, sowie die Einrichtung von Werkstätten, denen Handwerksmeister vorstanden. Max Bill hatte 1927/1928 am Bauhaus in Dessau studiert. Dank seiner umfangreichen Verbindungen zu ehemaligen Bauhäuslern gelang es, Walter Peterhans, Josef Albers, Helene Nonné-Schmidt und Johannes Itten als Gastdozenten nach Ulm zu holen. Andere Bauhäusler konnten für Vorträge in Ulm gewonnen werden; Walter Gropius sprach zur Eröffnung des von Max Bill entworfenen Hochschulgebäudes im Oktober 1955. Von Walter Gropius hatte Max Bill das Einverständnis, den Beinamen des Bauhauses für das Projekt in Ulm zu verwenden.

Bereits 1956 legte Bill sein Rektorenamt nieder, und 1957 verließ er die HfG Ulm ganz. Als Grund wurden „unüberbrückbare Differenzen“ hinsichtlich der pädagogischen Ausrichtung angeführt. Es ist insbesondere das Verdienst von Tomás Maldonado – der von Bill für die Grundlehre an die HfG geholt worden war –, das für alle verpflichtende Grundlehrejahr neu auszurichten und die Orientierung am Bauhaus aufzugeben. Bereits 1955 nannte Maldonado seinen Kurs „Visuelle Methodik“, dessen Aufgabenstellungen nicht intuitiv-explorativ, sondern systematisch-methodisch angelegt waren. Im weiteren Verlauf der Lehrplanentwicklung führte dies zu einer Verwissenschaftlichung der Lehre, die Gestaltung als wissenschaftliche Disziplin etablieren wollte. Fortan standen Fächer wie Semiotik, mathematische Operationsanalyse und ähnliche auf dem Stundenplan. Diese Änderungen führten schließlich zum „ulmer modell“, das Gestaltung als integrativen Prozess aller Beteiligten, vom Entwurf bis zur Produktion, verstand. Maldonado selbst sprach davon, dass der Gestalter zum Koordinator werden müsse. Diese Entwicklung wurde ab 1961 ein weiteres Mal angepasst, als die Hochschulleitung die bis dahin allgemeine Grundlehre für alle Studierenden in die einzelnen Abteilungen verlegte.

Martin Mäntele

(*1965 in Meßkirch, BRD) ist seit 2013 Leiter des HfG-Archivs. Er studierte ab 1984 Kunstgeschichte und Neuere Deutsche Literatur in Tübingen, Newcastle (GB) und Hamburg. 1999 schloss er an der Universität Tübingen seine Promotion ab. Er ist beteiligt an zahlreichen Ausstellungs- und Publikationsprojekten. 2003-2012 übernahm er diverse Lehraufträge im Fach Designgeschichte an den Hochschulen in Ulm, Würzburg und Schwäbisch Gmünd.

HfG-Grundlehre, Tomás Maldonado mit Studenten, 1955. Foto: Ernst Hahn © HfG-Archiv / Museum Ulm
HfG-Grundlehre 1955, Würfelaufgabe Foto: Ernst Hahn © HfG-Archiv / Museum Ulm
HfG-Grundlehre, Josef Albers mit Faltobjekt, 1953 Foto: Eva-Maria Koch, Hans G. Conrad. HfG-Archiv / Museum Ulm
HfG-Grundlehre 1953, Unterricht bei Josef Albers. Links vorne: Otl Aicher. Foto: Eva-Maria Koch oder Hans G. Conrad. HfG-Archiv / Museum Ulm
HfG-Grundlehre, Walther Peterhans mit einer Studentin , 1953 Foto: Otl Aicher. Otl-Aicher-Archiv im HfG-Archiv / Museum Ulm
Nicht orientierbare Fläche, 1956/57, Gips. Dozent: Tomás Maldonado, Student: Ulrich Burandt. Foto: Wolfgang Siol, © HfG-Archiv / Museum Ulm
Transparenz, 1953, Studentin Ingela Albers, Dozent Walter Peterhans
Gegeneinander stürzende Flächen, 1953. Dozent: Walter Peterhans, Student: Armin Bohnet. Foto: Oleg Kuchar, © HfG-Archiv/Museum Ulm
Zug-Druck-Verbindung, 1955. Student: Ermano Delugan, Dozent: Josef Albers. Foto: HfG-Archiv / Museum Ulm
Übungen Farblehre 1956/57, Student Bertus Mulder, Dozentin Helene Nonné-Schmidt © HfG-Archiv / Museum Ulm