Das National Institute of Design (NID) wurde 1961 gegründet und sollte die Vorstellung von Design als Mittel zur Staatsbildung nach der Dekolonisierung erfüllen. Dementsprechend war das NID die erste Institution für die Designausbildung in Indien. (…) Das Gründungsprogramm des NID (…) entstand aus einer Verschmelzung der Designpädagogik des Bauhauses und der Hochschule für Gestaltung Ulm und entwickelte eigene gestalterische Antworten auf die indische Realität. In diesem Prozess wurden der Campus, die Stadt und das Land Orte und Subjekte einer progressiven und unabhängigen Designausbildung, die einen besseren „Lebensstandard“ für die Inder anstrebte.[1]

Das NID als Flaggschiff eines neuen Indiens sah sich mit der Aufgabe konfrontiert, einkommensschwache Konsument*innen aus der zumeist ländlich geprägten Bevölkerung in das Designdenken zu integrieren und zugleich den Dynamiken einer an der Industrialisierung orientierten Modernisierung zu entsprechen. Dies wird besonders im Curriculum des NID sichtbar: Im ersten Jahr beispielsweise waren die Studierenden aufgefordert, in sogenannten Craft-Documentations lokale Handwerkskulturen zu studieren.

Vor dem Hintergrund westlicher Vorstellungen von Modernisierung, die in die Entwicklungsländer exportiert wurden, suchte man dort nach alternativen, postkolonialen Praktiken für einen wirtschaftlichen und sozialen Wandel. Man wollte sich von der westlichen Hegemonie, die Design mit formalen ästhetischen Wertvorstellungen verband, lösen und sich stattdessen bei der Gestaltung von Gebrauchsgegenständen an vernakularen, d. h. traditionell gewachsenen, und „angemessenen“ Technologien ausrichten.[2] Das NID wurde später zu einem wichtigen transnationalen Zentrum dieser Neudefinition des Designs in Abkehr vom westlichen Verständnis.

NIDs gibt es weiterhin als staatliche Bildungs- und Forschungseinrichtungen für Industrie-, Kommunikations-, Textil- und IT-integriertes (experimentelles) Design in Ahmedabad, Bangalore, Kurukshetra, Vijayawada, Jorhat und Bhopal. Sie sind dem Ministerium für Handel und Industrie der indischen Regierung unterstellt und wurden durch ein Parlamentsgesetz, den National Institutes of Design Act 2014, als Institution von nationaler Bedeutung anerkannt.

[1] Vgl. S. Balasubrahmanyan, in: Imaginista Katalog, 2019.

[2] Vgl. http://www.bauhaus-imaginista.org/articles/2950/on-behalf-of-progressive-design

Studentische Übungen entstanden in S Balaram’s Klasse an der Fakultät für Industriedesign © S Balaram
Gajanan Upadhyaya’s Stühle (1978) im Auditorium des NID, Bauhaus Lab 2017 © Stiftung Bauhaus Dessau, NID
Gebäude des NID © NID Archives
Hans Gugelot mit Studierenden am NID, 1965 , Foto: unbekannt © Gugelot Archiv Hamburg
NID Metallwerkstatt, 1960er Jahre © KMC Photo Archive National Institute of Design
Gautam Sarabhai und Douglas Ensminger (Ford Foundation) mit Studierenden in einer Ausstellung des Grundlagenprogramms am NID, ca. 1966 © S Balaram
Studentische Übungen 1964-1969 publiziert im Gründungsprogramm des National Institute of Design, Ahmedabad, 1969 © National Institute of Design, Knowledge Management Center, Archive Collection