Die Weißensee Kunsthochschule Berlin wurde in einer turbulenten Aufbauphase 1946 von Künstler*innen und Gestalter*innen, die dem Bauhaus nahestanden, gegründet. Zunächst als Provisorium in einer ehemaligen Schokoladenfabrik angesiedelt, erfolgten 1947 für die damalige Kunstschule des Nordens die staatliche Anerkennung durch die sowjetische Militäradministration und die Umbenennung in Hochschule für angewandte Kunst, in der Architektur und bildende Kunst gelehrt wurden. Auf diese Fächerverbindung legten die ersten Lehrenden besonderen Wert, da sie ein Grundsatz der Ausbildung im früheren Bauhaus war.
In dessen Tradition standen auch die ersten Rektoren: von 1947 bis 1950 Jan Bontjes van Beek (1899–1969, Keramiker) und von 1950 bis 1952 Mart Stam (1899–1986, Architekt und Designer). Das kurzzeitige, jedoch nachhaltige Wirken Mart Stams an der Berliner Hochschule stand allerdings unter ungünstigen Vorzeichen. Seitens der SED-gelenkten Kulturpolitik der DDR sah sich Stam – als Verfechter der modernen Form in der Bauhaus-Tradition – schon bald mit dem Vorwurf des “Formalismus” konfrontiert. Mitte 1952 wurde er seines Postens als Rektor und Leiter für das von ihm 1950 gegründete Institut für industrielle Gestaltung enthoben. Er verließ kurze Zeit später die DDR.
Im Institut für industrielle Gestaltung, das das ostdeutsche Design nachhaltig beeinflusste, sollten Alltagsgegenstände funktionsgerecht gestaltet, industriell herstellbar sowie von hoher Qualität sein. Auch hier arbeitete Mart Stam mit ehemaligen Bauhäusler*innen wie Marianne Brandt, Selman Selmanagić, Max Gebhard oder der Absolventin der HfBK Dresden Margarete Jahny zusammen. Der zeitliche Kontext und die Verflechtungen des Instituts für industrielle Gestaltung mit der Hochschule für angewandte Kunst in Berlin-Weißensee wurden sichtbar gemacht mit Objekten in funktionalistischer Tradition orientierten Klarheit. Das Institut wurde 1952 umbenannt in Institut für angewandte Kunst und darauf ausgerichtet, den verordneten Prinzipien der so genannten „nationalen Tradition“ zu folgen und vorrangig kunsthandwerkliche Arbeiten mit Dekorschmuck zu propagieren und zu fördern. Die von Stam und seinen Kolleg*innen angestoßene Entwicklung moderner serieller Industrieerzeugnisse war aber nicht rückgängig zu machen, Ende der 1950er Jahre rückte die industrielle Gestaltung wieder ins Zentrum des kulturpolitischen Interesses.
Den Erweiterungsbau der Kunsthochschule Berlin entwarf 1955/56 der Bauhausschüler und Architekt Selman Selmanagić (1905–1986, von 1950 bis 1970 Lehrer an der Kunsthochschule Berlin) unter Beteiligung von Peter Flierl, Günther Köhler und Erwin Krause. Erste Dozenten waren bedeutende Künstler und Gestalter wie der ehemalige Bauhäusler Theo Balden, Heinrich Drake, Bernhard Heiliger, Rudi Högner, Arno Mohr und Rudolf Vogenauer. 1953 wurde die Hochschule für angewandte Kunst in Hochschule für bildende und angewandte Kunst und 1969 in Kunsthochschule Berlin umbenannt. Ab den 1960er-Jahren lehrten hier auch erste Formgestaltungs-Diplomjahrgänge wie Christa Petroff-Bohne oder Erich John. Christa Petroff-Bohne baute an der Kunsthochschule den Lehrbereich Visuelles Gestalten im Rahmen des Fachs Produktdesign mit einer am Bauhaus orientierten, sehr spezifischen Grundlehre auf.
Der Bau der Mauer machte Weißensee zur wichtigen Ausbildungsstätte für Formgestalter*innen und Architekt*innen der DDR. Zu den wesentlichen Merkmalen des Studiums zählten ein interdisziplinäres Konzept, kleine Klassengrößen, ein enges Betreuungsverhältnis zwischen Studierenden und Professor*innen, ein erstes gemeinsames Jahr aller Studierenden, die Schulung des Materialverständnisses und die fokussierte Arbeit an Prototypen. Seit Inkrafttreten des Einigungsvertrags 1990 trägt die Einrichtung den Namen Kunsthochschule Berlin (Weißensee).